Crispr/Cas9 und iPS-Zellen: So lauten die Kürzel für zwei bahnbrechende Technologien in der biomedizinischen Forschung. Zu kompliziert, um sie sich zu merken? Keine Angst, bald schon werden sie zu unserem Alltags-Wortschatz gehören wie DNA. Academia erklärt warum, und präsentiert außerdem zwei weitere Innovationen, die am EURAC-Zentrum für Biomedizin längst schon Alltag sind.

Biobanken: die Schatzkammer des 21. Jahrhunderts

Das amerikanische TIME Magazine zählte die Biobanken bereits 2009 zu den zehn wichtigsten Ideen, die unsere Welt verändern werden. Neu ist die Idee, menschliches Gewebe und Organe aufzubewahren, allerdings nicht. Nur haben anatomische Sammlungen sich früher nicht lange konserviert. Heute werden die Proben schockgefroren und weit unter dem Gefrierpunkt (-80 bis -196 Grad) gelagert. Neben den herkömmlichen Gewebe-, Blut- und Urinproben fließen in die modernen Datenbanken auch genetische Informationen und medizinische Daten ein. Ohne die großen Fortschritte in der Computertechnologie wäre das Management der riesigen Datenmengen nicht möglich.Auch Südtirol verfügt über eine Biobank mit aktuell rund 600.000 verschlüsselten Proben. Sie bilden die Grundlage für die biomedizinische Forschung. „Je größer die Datenmenge, desto relevanter sind die statistischen Ergebnisse, um die Entwicklung von Krankheiten, etwa Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, über einen langen Zeitraum zu untersuchen“, erklärt Peter Pramstaller, Leiter des EURAC-Zentrums für Biomedizin. Laufend gleichen die EURAC-Forscher Proben und Daten von kranken Menschen mit jenen von gesunden ab. So gewinnen sie vielfältige Informationen über die Ursachen für Erkrankungen aber auch über Gründe für das Gesundbleiben. Hierzu werden genetische Faktoren, Umweltfaktoren und das Zusammenspiel von beiden untersucht.

Biomarker: Sie ebnen den Weg zur personalisierten Medizin

Blutdruck, Körpertemperatur, Blutbild: Das sind messbare biologische Merkmale – kurz Biomarker –, die Informationen zum Gesundheitszustand eines Menschen liefern. Biomarker sind so alt wie die Medizin selber. Und mit zunehmender Technologisierung gibt es immer mehr, immer spezifischere Biomarker. Etwa Moleküle, die in Blut, Urin oder Rückenmarksflüssigkeit messbar sind; Proteinmuster oder Genmutationen in Zellen, aber auch bildgebende Verfahren wie Röntgen, CT-Scan oder MRT. Eines ist allen gemein: Sie erlauben objektive, nachvollziehbare Rückschlüsse darüber, ob ein Organismus gesund ist oder Anzeichen von Erkrankungen aufweist. Biomarker werden heute nicht nur in der Diagnostik eingesetzt, sondern immer häufiger auch in der Prävention. Noch bevor Symptome auftreten, können so bei Risikopatienten bestimmte Krebs- oder Alzheimererkrankungen ausgemacht werden. Die ersten Bluttests für Krebsfrüherkennung sind auch schon auf dem Markt. Und auch bei der personalisierten Therapie spielen Biomarker eine bedeutende Rolle: Sie verraten dem Arzt schon im Vorfeld, ob ein Patient auf eine Therapie anspringen wird oder nicht, denn wir reagieren nicht alle gleich auf Medikamente. Und sie verschaffen dem Arzt einen Überblick über den Verlauf der Behandlung. Die EURAC-Forscher arbeiten täglich mit Biomarkern und sind auch aktiv an der Suche neuer Biomarker beteiligt.

Crispr/Cas9: Ein erster Schritt in Richtung genetische Chirurgie

Als die junge französische Biomedizinerin Emmanuelle Charpentier die Immunabwehr von Streptococcus pyogenes untersuchte – einem Bakterium, das unter anderem Scharlach verursacht –, stieß sie auf eine Art Genschere, die fremde Viren in Stücke schneidet. Das Besondere an „Crispr/Cas9“ – so das Kürzel für die Genschere – ist ihr Navigationssystem. Es zeigt haargenau an, wo die Schere am DNA-Strang des Eindringlings ansetzen soll. Der eigentliche Durchbruch bei dieser Entdeckung: Charpentier ist es 2012 gelungen, das Crispr/Cas9 Navigationssystem umzuprogrammieren. Die Technologie ermöglicht es heute, beliebige Buchstabensequenzen im Erbgut mit einer niemals dagewesenen Präzision herauszuschneiden. Crispr/Cas9 wird als Entdeckung des Jahrhunderts in der Behandlung von Aids, Krebs, Parkinson und vielen weiteren Erbkrankheiten gehandelt. Vor allem aber wird die Technologie in der biomedizinischen Forschung eingesetzt, so auch an der EURAC. „Wir sind heute zwar in der Lage, den genetischen Code eines jeden Menschen zu knacken“, erklärt Peter Pramstaller, Leiter des Zentrums für Biomedizin an der EURAC; „wir verstehen aber noch längst nicht, wofür die einzelnen Buchstabensequenzen gut sind.“ Mit Crispr/Cas9 können Forscher gezielt DNA-Sequenzen aus Zellenmodellen herausschneiden und beobachten, welche Folgen das hat.

iPS-Zellen:die Alleskönner

Bevor unsere Zellen ihrer endgültigen Bestimmung zugeordnet werden – etwa zu Blutzellen, Herzzellen oder Gewebezellen heranreifen – sind sie Stammzellen. Für die medizinische Forschung sind diese Urzellen hochspannend. Doch da sie lange nur aus Embryonen gewonnen werden konnten, war die Stammzellenforschung sehr umstritten. Bis 2006. Da gelang es dem Japaner Shinya Yamanaka, Hautzellen in Stammzellen zurückzuentwickeln. Induzierte pluripotente Stammzellen, kurz iPS-Zellen, nannte er sie. Yamanakas Technologie hat die medizinische Forschung revolutioniert. An der EURAC arbeiten die Forscher beispielsweise daran, iPS-Zellen in spezifische Herzzellen und in bestimmte Nervenzellen umzuwandeln. Ihr Ziel ist es, zum einen Herzkreislauf- und neurologische Erkrankungen besser zu verstehen, aber auch an der Entwicklung von maßgeschneiderten Therapien mitzuwirken. Und ein weiterer Fortschritt in der iPS-Zellen- Forschung ist auch den EURAC-Wissenschaftlern geglückt: 2015 haben sie eine neue kosten- und zeitsparende Methode für die Gewinnung von iPS-Zellen entwickelt. Während bislang dafür frisches Blut notwendig war, reichen nun auch tiefgekühlte Blutproben. Mit anderen Worten: Auch aus den tiefgefrorenen Datensätzen der Biobanken lassen sich heute iPS-Zellen generieren. Und das eröffnet für die medizingenetische Forschung ungeahnte Möglichkeiten.

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