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EURAC-Forscher Frank Maixner hat in Ötzis Mageninhalt das Erbgut des Bakteriums Helicobacter pylori nachgewiesen. Wozu? Mikroorganismen geben Aufschluss über den Gesundheitszustand des Eismannes und darüber, wie sich Bakterien über tausende von Jahren entwickelt haben – eine wichtige Erkenntnis für die moderne Medizin.

An die 100 Mal hat sich Frank Maixner, Mikrobiologe im Labor für antike DNA, seinen Schutzanzug übergezogen, um die stecknadelgroße Probe aus Ötzis Magen zu untersuchen. Anfangs ging es nur darum, herauszufinden, was Ötzi zuletzt gegessen hatte. Steinbockfleisch, Getreide – womöglich in Form von Brot. Kulinarisch interessant, aber für einen Mikrobiologen nicht „mickrig“ genug. Frank Maixner: „Wir wollten wissen, ob sich in der Probe auch noch DNA von 5300 Jahre alten Bakterien finden lässt. Am wahrscheinlichsten jene des Helicobacter pylori.“ Ötzis Mageninhalt ist ein Klumpen aus Essensresten, aus Zellen der Magenschleimhaut und aus Bakterien. 99,5 Prozent der Mikroorganismen haben sich erst nach Ötzis Tod dort angesiedelt. Die ältesten unmittelbar nach seinem Tod, die jüngsten höchstwahrscheinlich erst in den letzten Jahren, nämlich jedes Mal dann, wenn Ötzi das Hochsicherheits- Kühlfach verlassen hat.

Für Maixner und ein internationales Forscherteam aus Österreich, Deutschland, den USA und Südafrika galt es nun, die 0,5 Prozent Bakterien zu finden, die Ötzi noch zu seinen Lebzeiten besiedelt haben. „Das ist wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen“, so der Mikrobiologe. Mehrfach musste sich Maixner von renommierten Kollegen anhören, dass da unmöglich was zu finden sei. Und wenn, dann sei es so fragmentiert, dass man damit nichts anfangen könne. Doch er blieb dran. Ließ die Bakterienproben wieder und wieder vom Supercomputer mit Vergleichsdatensätzen von heutigen Helicobacter pylori-DNA abgleichen. Ein Problem bestand darin, dass die DNA von toten Organismen mit der Zeit degeneriert. Sie zerbröselt. Maixner und sein Team konnten also nicht aus einem vollständigen Bakterium das Gesamtgenom erstellen, sie mussten es anhand von einzelnen Sequenzen durch Abgleich mit heutigem Helicobacter pylori-DNA rekonstruieren.

Vier Jahre lang hat Frank Maixner an dem antiken Stäbchenbakterium geforscht, nicht ausschließlich, aber immer wieder. Es hat sich ausgezahlt: Ötzis Helicobacter ist das älteste menschliche Magenbakterium, das Forscher bislang entschlüsselt haben. Und was ist die Erkenntnis aus dem Fund? Der Eismann hatte sehr wahrscheinlich unter Gastritis zu leiden. Spannender ist aber das Rätsel, das die Entschlüsselung der Forscherwelt aufgibt: Überraschenderweise trug Ötzi nämlich nicht die europäische Variante des Erregers, sondern eine aggressive asiatische. Was dazu führen könnte, dass ein paar Kapitel der Besiedlungsgeschichte Europas neu geschrieben werden müssen. Wie Maixner sicher sein kann, dass der entschlüsselte Bakterienstamm nicht später durch Kontamination hinzugekommen ist? Antike DNA weise ein ganz bestimmtes Schadmuster auf, erklärt der Forscher. Das ist eine relativ neue Erkenntnis, die seine Arbeit im Labor ungemein erleichtert: „Heute kann eine Software antikes von modernem Genmaterial unterscheiden.“ Es müssen also nicht mehr fortlaufend Tests gemacht werden, um Fremdkontamination auszuschließen – etwa durch einen Hautpartikel oder ein winziges Haar der Forscher selber. „Es wird der Tag kommen, an dem ich nicht mehr den Raumanzug überziehen muss, um meine Arbeit zu verrichten“, freut sich der Mikrobiologe.

Und die Suche nach dem Magenbakterium geht weiter: Als nächstes nimmt sich Frank Maixner mehrere 100-Jahre alte Funde aus Korea, sowie 1000-Jahre alte Funde aus Europa vor. Ihn treiben die Fragen: Wie hat sich das Stäbchenbakterium über die Jahrtausende entwickelt? Welche Funktionen hat es? Ist es nur ein Parasit oder auch ein wichtiger Symbiont? Zumindest in unmittelbarer Zukunft heißt das für ihn noch: Schutzanzug an, Schutzanzug aus.

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