Bevor man eine Krankheit bekämpfen kann, muss man den Verursacher kennen. Das ist bei Pflanzen nicht anders als bei Menschen. Sanja Baric, Professorin für Phytopathologie an der Freien Universität Bozen, widmet ihr Forschungsleben der Diagnostik von Pflanzenkrankheiten und rückt den Erregern mit DNA-Analysen zu Leibe.

Pflanzenkrankheiten verfolgen den Menschen, seit er begonnen hat, Pflanzen anzubauen. Sie werden in der Bibel erwähnt und haben auch schon geschichtlich relevante Ereignisse losgetreten. Auch wenn man Krankheiten und deren Erregern (Pathogenen), also schon seit ewigen Zeiten nachspürt, hat das Problem in den letzten Jahren doch eine neue Dimension bekommen.

Globalisierung der Krankheiten

Für diese rasante Entwicklung nennt Prof. Baric drei Gründe, als ersten die Globalisierung: Krankheiten können heute in jeden Winkel der Erde verschleppt werden, weil Pflanzmaterial und Pflanzenprodukte weltweit gehandelt werden und auch die Krankheitsüberträger, die so genannten Vektoren, nicht an Staatsgrenzen halt machen. Grund Nummer zwei sind ausgedehnte Monokulturen: „Die Genotypen dieser Pflanzen sind einheitlich, ein Pathogen hat damit leichtes Spiel“, so Baric. Anstatt einiger weniger Pflanzen leiden dann mitunter ganze Anbauflächen, die wirtschaftlichen Folgen sind enorm, die Erwartungen an die Forschung auch. „Da spürt man schon den Druck, schnell Ergebnisse liefern zu sollen“, so die Professorin, die als dritten Grund den Klimawandel nennt. Er trage dazu bei, dass Pathogene und Vektoren günstigere Bedingungen vorfänden.

In Südtirol heißt dies, dass man seit einigen Jahren mit Krankheiten wie dem Feuerbrand oder dem Besenwuchs zu kämpfen hat. „Und die Goldgelbe Vergilbung der Rebe steht vor unserer Tür“, so die Biologin, die vor ihrem Ruf an die Fakultät für Naturwissenschaft und Technik der Uni Bozen rund 15 Jahre lang am Versuchszentrum Laimburg geforscht und dort das molekularbiologische Labor aufgebaut hat.

Eine Waffe namens Molekularbiologie

Die Molekularbiologie ist Barics Waffe im Kampf gegen die Pflanzenkrankheiten, das heißt, sie spürt der DNA von Pathogenen nach, sucht im Erbmaterial der Krankheitserreger nach Ansätzen für deren Bekämpfung und versucht, die Interaktion zwischen Pflanze, Vektor und Erreger zu verstehen. „Erst wenn man verstanden hat, wie dieses Zusammenspiel aussieht, bieten sich Möglichkeiten, um gezielt einzugreifen“, so Baric. „Gezielt eingreifen“ kann zweierlei heißen: das Optimum ist, gegen bestimmte Krankheiten resistentes Pflanzmaterial zu züchten. Gelingt dies nicht, bleiben neue Ansätze zur Bekämpfung der Krankheiten. „Alternative Bekämpfungsmethoden werden vor allem angesichts drastisch reduzierter Pflanzenschutzmittel immer wichtiger“, erklärt die Professorin.

Barics besonderes Interesse gilt derzeit dem Kastanienrindenkrebs, einer aus Ostasien stammenden, wahrscheinlich aus den USA eingeschleppten und mittlerweile auch in Südtirol weit verbreiteten Pilzkrankheit. „Die Erforschung dieser Krankheit hat man etwas vernachlässigt, obwohl Kastanien die drittgrößte Dauerkultur in Südtirol sind und eine herausragende Rolle für Landschaftsbild und Kultur spielen“, so die Phytopathologin. Deshalb ist Barics Forschungsprojekt darauf ausgerichtet, das Erbmaterial aller Beteiligten zu durchleuchten: der Kastanienbäume (Welche Genotypen gibt es überhaupt in Südtirol?), des Pilzes als Erreger des Kastanienrindenkrebses und zudem eines Virus‘, das den Pilz infizieren kann und so gegen die Krankheit wirkt. Versteht man das Zusammenspiel dieser drei Komponenten, können zukunftsträchtige Strategien zur Kontrolle der Krankheit entwickelt werden.

Neue Analysen, neue Tests, neue Möglichkeiten

Die molekulare Analytik spielt für Baric überhaupt eine zentrale Rolle in der Entwicklung der Diagnostik von Pflanzenkrankheiten. Die Analyseverfahren würden immer empfindlicher, was ebenso neue Möglichkeiten eröffne, wie die Diagnose über neue bildgebende Verfahren und Schnelltests. „Wenn wir über diagnostische Systeme verfügen, die ins Feld mitgenommen werden können und schnell ein Testergebnis liefern, können auch schnell und gezielt Maßnahmen gesetzt werden“, so die Neo-Professorin.

Sie freut sich indes auf die Forschungsarbeit an der Uni Bozen ebenso wie auf die Lehre: „Ich empfinde es als sehr schöne Aufgabe, wenn man Erkenntnisse, die man im Labor erworben hat, jungen Leuten weitergeben kann“, so Baric. Und die freut’s genauso.

 

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