Die Schönheit von Äpfeln ist ein wichtiger ökonomischer Faktor. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt von Informatikern, Naturwissenschaftlern und Experten des Versuchszentrums Laimburg sucht Wege, sie auch während der Lagerung besser zu bewahren.

Was ist ein schöner Apfel? Genau in eine Hand soll er passen, fest und knackig, am besten rot und möglichst ohne Druckstellen sein, lautet eine von vielen Definitionen. Doch neben solch subjektiven Vorstellungen darf eines von Südtirols wichtigen Exportgütern vor allem keine Krankheiten haben. Eine Herausforderung, für die Südtirols Apfelwirtschaft nun von gleich zwei Fakultäten der Freien Universität Bozen Unterstützung erhält. Im auf drei Jahre angelegten interdisziplinärem Forschungsprojekt DSSApple der Fakultäten für Informatik sowie Naturwissenschaften und Technik wird eine Applikation entwickelt, die in den Obstmagazinen die Diagnose von Lagerkrankheiten erleichtern soll. „Ein fauler Apfel im Lager oder während des Transports kann eine ganze Partie verderben“, sagt die Professorin für Pflanzenpathologie Sanja Baric.

Umso wichtiger sei es, Erreger von Lagerkrankheiten so frühzeitig und treffsicher wie möglich zu erkennen. Das fachliche Werkzeug dafür bringt die gebürtige Kroatin, die vor ihrem Einstieg an der unibz vor zwei Jahren und einer Berufung an der Hochschule Osnabrück lange am Versuchszentrum Laimburg geforscht hat, zweifelsohne mit. Doch dank der Zusammenarbeit mit dem Informatikprofessor Markus Zanker und einigen seiner Kollegen von der Fakultät für Informatik soll dieses Wissen nun effizienter und vor allem von Dritten eingesetzt werden können – indem die Erkennung und Diagnose von krankheitserregenden Sporen mittels informationstechnologischer Tools unterstützt und potenziert wird.

Den Impuls für dieses erste große gemeinsame Forschungsprojekt der beiden Fakultäten gab Markus Zanker bereits bald nach Antritt seiner Professur an der unibz im Frühjahr 2016. „Ich hatte schon länger ein Interesse, neue Anwendungsbereiche für meine Forschung zu Entscheidungsunterstützungssystemen zu erschließen, die möglichst relevant für die lokale Wirtschaft sind“, erzählt der Kärntner, der von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt nach Bozen kam. Hier fand er mit internen Forschungsgeldern für interdisziplinäre Projekte die Voraussetzungen, seinen Wunsch umzusetzen. Als Kooperationspartner boten sich die Agrarwissenschaften an; auf den Bereich der Lagerkrankheiten einigte sich das Duo Baric - Zanker schließlich, um in einem möglichst klar abgegrenzten Bereich innerhalb der wirtschaftlich bedeutsamen Apfelbranche zu arbeiten.

Im ersten Jahr des Projekts lag der Schwerpunkt dabei vor allem auf der Erhebung und Bestandsaufnahme. Im vergangenen Frühling beprobten Baric und ihr Team verschiedene Obstgenossenschaften im ganzen Land, um Äpfel mit verschiedenen Krankheitsbildern zu sammeln. Diese wurden dann sowohl von außen als auch im Schnitt fotografiert, um zu verdeutlichen wie sich die Fäulnis im Fruchtfleisch entwickelt. Zusätzlich werden die jeweiligen Krankheitserreger bestimmt und derzeit mit DNA-Analysen untersucht, um über diese Grundlagenforschung zu einer systematischen Bestandsaufnahme der Pathogene zu kommen.

Um ihren Informatik-Kollegen die Arbeit zu erleichtern, trainierte die Pflanzenspezialistin – mit Unterstützung von Curzio Castellan, dem Koordinator der Fotowerkstatt an der Fakultät für Design und Künste – aber auch neue Kompetenzen. „Sanja hat intensiv daran herumgetüftelt, was die besten Bedingungen sind, um die Fotos aufzunehmen“, erzählt Markus Zanker. Schließlich dienen die Bilder dann als Referenzwert für die Bestimmung von schadhaften Äpfeln. „Dabei gibt es je nach Sorte, Reife und Zeitpunkt der Krankheit eine hohe Diversität in der Erscheinungsform“, erklärt der Informatikprofessor. Um dennoch Muster zu erkennen, die – ähnlich wie beim beliebten Spiel Memory – zur richtigen Bildkombination führen, braucht es die Expertise von Markus Zanker im Bereich Entscheidungsunterstützungs- und Empfehlungssysteme. So wie diese uns im Internet aufgrund unseres bisherigen Such- und Kaufverhaltens Produktvorschläge machen, soll nun eine möglichst hohe Trefferquote zwischen einem realen beschädigten Apfel und dem Bild eines mit derselben Krankheit infizierten Apfels aus dem Archiv erzielt werden. Unterstützung bei dieser komplexen Aufgabe erhält Markus Zanker innerhalb der Fakultät für Informatik auch von den Professoren Tamman Tillo und Giancarlo Guizzardi, die ihre Expertise in Sachen Bilderkennung und der Wissensmodellierung mit Ontologien einbringen.

Nachdem nicht alle Lagerkrankheiten nur anhand der Symptome an der Frucht bestimmt werden können, wollen die Forscher für die Apfelgenossenschaften zusätzlich ein Protokoll entwickeln, das es erlaubt, mit einem kleinen Mikroskop Bilder von Sporen der Schaderreger zu erfassen, um so über die Datenbank und eine Bildanalyse zu einer Diagnose zu kommen. Zumindest, sofern es um Lagerkrankheiten geht, die durch Pathogene hervorgerufen werden. Für Lagerkrankheiten, die durch physiologische Störungen hervorgerufen werden, läuft derzeit parallel ein Forschungsprojekt des Versuchszentrums Laimburg, dessen Ergebnisse dann mit jenen von Baric und Zanker zusammengeführt werden sollen.

Welche Ergebnisse das interdisziplinäre und institutionenübergreifende Forschungsprojekt bis zu seinem Abschluss im Jahr 2020 letztendlich bringen wird, bleibt spannend. Fest steht jetzt schon, dass die mehrhändig entwickelte Applikation nur eine Unterstützung der menschlichen Intelligenz bzw. Erfahrung bieten wird. Eine rein maschinelle Erkennung und Diagnose von Lagerkrankheiten bleibt selbst für Sanja Baric und Markus Zanker noch Zukunftsmusik. Doch die ersten Strophen davon werden nun bereits geschrieben.

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