Welche Vorteile bringt eine regionale Fleischerzeugung und -vermarktung für die Partner in Südtirols Wertschöpfungskette? Der Aktionsplan Berglandwirtschaft, mitentwickelt von Matthias Gauly, Professor für Agrarwissenschaften an der unibz, umreißt Zukunftsszenarien. Interessant sind sie vor allem für Bauern im Nebenerwerb und in ungünstigen Lagen.

In Südtirol werden Rinder hauptsächlich als Milchvieh gehalten, nur ein kleiner Teil wird zur Erzeugung von Fleisch genutzt. Das Fleisch, das in Südtirol verzehrt wird, kommt Großteils aus anderen Regionen. Initiativen, die die regionale Rindfleischproduktion und -vermarktung fördern, sind eher selten: Unter dem Namen „Bio*Beef“ vermarktet zum Beispiel eine Gruppe Südtiroler Bergbauern ihr nach ökologischen Richtlinien erzeugtes Rindfleisch; das Viehvermarktungskonsortium KOVIEH hat ein eigenes Qualitätsfleischprogramm, bei dem die Herkunft aus Südtirol im Vordergrund steht; und der Verein „Sarner Fleisch“ garantiert die Herkunft aus dem Sarntal. Diese mit viel Engagement betriebenen Programme sind zwar erfolgreich, haben aber insgesamt wenig Mitgliedsbetriebe und bedienen nur einen kleinen Teil des Marktes. Fleischrinder zu halten bietet sich jedoch für weitaus mehr Berglandwirtschaftsbetriebe an – etwa für Bauern, die die Milchviehhaltung aufgeben möchten, weil die Arbeitsbelastung zu hoch ist: Mit Fleischrindern könnten sie ihre Ställe weiterhin sinnvoll nutzen und gleichzeitig Weideflächen nachhaltig bewirtschaften.

Kühe für die Kulturlandschaft

Ohne weidende Wiederkäuer bzw. die Nutzung zur Futtergewinnung würden viele Wiesen schnell verbuschen und schließlich verwalden. Gerade in ungünstigen Lagen trägt die Berglandwirtschaft also durch die Bewirtschaftung von Weiden-, Wiesen- und Almflächen wesentlich zum Erhalt der Kulturlandschaft bei – und damit zur touristischen Attraktivität und zur Wirtschaftskraft Südtirols.

Milch macht viel Arbeit

Milcherzeugung erfordert von den Landwirten einen deutlich höheren Arbeitsaufwand als Fleischrinderhaltung. Vor allem für Nebenerwerbsbauern bedeutet es eine große Entlastung, wenn nicht mehr die Melkzeiten den Lebensrhythmus bestimmen und sie ihre Zeit flexibler einteilen können.

Regionales Rindfleisch ist gefragt

Studien zeigen, dass das Marktpotential für nachhaltig und regional produziertes Qualitätsfleisch in Südtirol noch lange nicht ausgeschöpft ist. Regional produziertes Fleisch könnte einen Großteil des Marktes bedienen – mit Vorteilen für alle Partner in der Wertschöpfungskette: Landwirte, Schlachthöfe, Metzgereien, Gastronomie und Verbraucher.

Ziele des Aktionsplans

In den angesprochenen Qualitätsfleischprogrammen der letzten Jahre wurden zwar wertvolle Erfahrungen gesammelt, aber viele produktionstechnische und wirtschaftliche Fragen sind noch nicht ausreichend geklärt. Welche lokalen, autochthonen Rinderrassen eignen sich zum Beispiel am besten für die Fleischproduktion? Wie können Produktionssysteme weiterentwickelt werden, um Gesundheit und Wohlbefinden der Tiere zu verbessern und gleichzeitig gute Leistungen zu erzielen? Was sind die besten Beweidungssysteme? All diese Aspekte werden im Rahmen des Aktionsplans Landwirtschaft gemeinsam mit Tierärzten, Betriebsberatern und der Laimburg untersucht, um den Bauern schließlich konkrete Empfehlungen geben zu können. Doch auch, was die Verbraucher wollen, gilt es herauszufinden: Was verstehen sie unter nachhaltiger Produktion? Welche Qualitätsanforderungen stellen sie an das Fleisch? Welche weiterverarbeiteten Produkte würden sie schätzen? Solche Produkte könnten dann – auch das sieht der Plan vor – entwickelt und vertrieben werden. Ein Verteilungssystem für das Fleisch aufzubauen, um es ohne hohe Zusatzkosten in die Geschäfte zu bringen, ist ein weiteres Ziel. Es geht aber nicht nur darum, das wirtschaftliche Potential regionaler Rindfleischerzeugung voll auszuschöpfen: Auch die Lebensqualität der Berglandwirte soll sich verbessern. Gerade für Nebenerwerbslandwirte ist die Arbeitsbelastung oft viel zu hoch. Betriebskooperationen könnten eine Lösung sein: Wenn zwei Familien zusammenarbeiten, hat jeder weniger Arbeitsstunden, freie Tage werden möglich, sogar Urlaub. Der Aktionsplan Berglandwirtschaft will geeignete Konzepte für solche Kooperationen entwickeln – zu einer nachhaltigen Landwirtschaft gehört nämlich auch der soziale Aspekt Freizeit.

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