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Alexa, Siri, Sophia: Nicht nur die Namen und Stimmen digitaler Assistenzsysteme sind weiblich, auch die Körper humanoider Roboter, in die künstliche Intelligenz zunehmend verpackt wird. Wie wirkt sich die Feminisierung von Technologie auf die Gleichberechtigung der Geschlechter aus? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Politikwissenschaftlerin Mirjam Gruber von Eurac Research.

Cortana verschiebt das Lunchmeeting, Alexa erinnert daran, morgens den Regenschirm mitzunehmen und Siri spielt die Samstagsplaylist. Die virtuellen Assistenzsysteme heißen nicht Horst oder Felix. Sie gehorchen aufs Wort und allen ist eine Standardeinstellung gemeinsam: die weibliche Stimme. Der Feminisierung von Geräten der Spitzentechnologie steht jedoch die Tatsache gegenüber, dass kaum Frauen an ihrer Entwicklung beteiligt sind. Das bleibt nicht ohne Wirkung. Die chinesische Roboterfrau Jia Jia begrüßt ihre Entwickler gar mit: „Was kann ich für dich tun, mein Herr?“ Sophia wurde 2017 als erstem humanoiden Roboter die saudiarabische Staatsbürgerschaft verliehen, eines Landes, wo Frauen unlängst noch nicht einmal das Autofahren erlaubt war. In Hong Kong hat sich Graphikdesigner Ricky Ma mithilfe eines 3D-Druckers seine eigene Kopie der Hollywood-Schauspielerin Scarlet Johansson geschaffen, und die Sexindustrie liefert sich ein Wettrennen um die Entwicklung des authentischsten Sexroboters. Auf Instagram haben perfekte virtuelle Kunstfiguren wie Lil Miquela Millionen Follower. Umgekehrt mutieren menschliche Social-Media-Stars wie etwa Kylie Jenner optisch mehr und mehr zu Cyborgs.

Humanoide Roboter sind längst nicht mehr Science-Fiction, sondern Teil unserer Realität. Roboter mit weiblichen Attributen werden als Fembots oder Gynoiden bezeichnet. Schon die Etymologie des Begriffes „Fembots“ gibt jedoch zu denken. Er setzt sich aus den Wörtern „female“ und „robot“ zusammen. Letzteres wird aus dem Tschechischen „robota“ hergeleitet und kann mit „Frondienst“ oder „Zwangsarbeit“ übersetzt werden. Wer dabei an eine neue Form verweiblichten Sklaventums denkt, dem wird der Begriff „Gynoid“ eher zusagen – was so viel wie „dem-weiblichen- Körper-ähnelnd“ bedeutet.

Müssen Roboter überhaupt ein Geschlecht haben? Mirjam Gruber, Wissenschaftlerin am Center for Advanced Studies von Eurac Research, sieht dafür absolut keine Notwendigkeit. „Indem wir Maschinen ein Geschlecht geben, vermenschlichen wir sie nicht nur – wir übertragen auch die gängigen Stereotype auf sie.“ Gruber beschäftigt sich aus politikwissenschaftlicher Perspektive mit der Feminisierung von künstlicher Intelligenz und Maschinen und ist sich sicher: Dieses Thema würde noch viel mehr inter- und transdisziplinäres Denken vertragen. „Wir dürfen uns nicht nur fragen, was eine neue Technologie kann, sondern wir müssen auch analysieren, welche Auswirkungen sie auf unsere Gesellschaft hat und wie sie die Rolle bestimmter Akteurinnen und Gruppen beeinflusst“, sagt Gruber. Sozialwissenschaft, Naturwissenschaft oder Technologiebranche sollten im Blick behalten, was sich im jeweils anderen Forschungsfeld tut, um Themen rechtzeitig auf die politische Ebene zu bringen. „Künstliche Intelligenz oder Robotik sind beispielhaft für viele Themen, bei denen wir zu spät bemerken, dass es längst an der Zeit gewesen wäre, ethische und moralische Fragen zu stellen – nicht nur was Gleichberechtigung anbelangt.“

Auf die Frage, weshalb Roboter mit weiblichen Merkmalen ausgestattet werden, findet man durchaus plausible Antworten: Der Mensch bringe einer Maschine eher Vertrauen entgegen, wenn sie menschliche – insbesondere feminine – Eigenschaften aufweist. Auch sei die weibliche Stimme freundlicher, deutlicher hörbar, angenehmer. „Sprachassistenten wie Alexa oder Cortana nutzen jedoch nicht nur die weibliche Stimmlage – auch die Art und Weise der Interaktion ist weiblicher Kommunikation nachempfunden. „Allerdings einer recht antiquierten Form“, wie Gruber bemerkt. „Auf sexuelle Anspielungen reagieren Alexa und Co. etwa mit einer scherzhaften Bemerkung – nicht, wie eine emanzipierte Frau kontern würde.“ Warum das so ist? Robotik ist auch im 21. Jahrhundert deutlich männerdominiert. Im Silicon Valley sind nach einer Schätzung von Ex-Yahoo-Chefin Marissa Mayer nur etwa 15 bis 17 Prozent der Ingenieure weiblich.

Es wäre längst an der Zeit gewesen, ethische und moralische Fragen zu stellen. Die Feminisierung von Robotik ist nur ein Beispiel von vielen, wo uns das zu spät bewusst wird.

„Technologie ist ein Spiegelbild ihrer Entwickler“, erklärt Mirjam Gruber. „Die Art und Weise, wie weibliche Komponenten in der Entwicklung eingesetzt werden, legt nahe, dass Technologie von Männern für Männer geschaffen wird und Frauen erneut in die passive Servicerolle gedrängt werden. Ein Großteil der Robotik-Technologie wird heute in Ländern entwickelt, in denen Frauen viel weniger Rechte haben als in Europa. Männer kreieren die perfekte künstliche Frau, an der sich echte Frauen schließlich orientieren sollen. Überträgt sich dieses Frauenbild auf eine Technologie, die dann weltweit genutzt wird, halte ich das für äußerst problematisch“, betont die Politikwissenschaftlerin. Im Umkehrschluss liegt in der Technologie aber auch das große Potential, Emanzipationsgedanken zu transportieren. „Wie bei so Vielem ist Bildung dazu der wohl wichtigste Schlüssel“, sagt Gruber. „Frauen brauchen einen offenen Zugang zu Berufen in der Technologiebranche. Die Feminisierung von künstlicher Intelligenz und dazu fähigen Geräten ist nur die Spitze des Eisberges der Ungleichheit innerhalb dieses Sektors. Mädchen müssen genauso für sogenannte MINT-Fächer begeistert werden wie Buben, damit technische Innovation den Bedürfnissen aller gerecht werden kann – unabhängig vom Geschlecht.“ Mehr Frauen in der Robotik also.

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