Rund 400 Menschen mussten 1837 aus Glaubensgründen ihre Zillertaler Heimat verlassen. Die Vertreibung erregte internationales Aufsehen und wurde in Kunst und Literatur oft dargestellt, doch über die Hintergründe ist wenig bekannt. Florian Huber, Forscher am Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte, hat nachrecherchiert und einen spannenden medialen Religionskrieg aufgedeckt.

1837 werden 427 Zillertaler nach Schmiedeberg in Schlesien (heute Polen) ausgesiedelt. Die Ausweisung wird religiös begründet: Die „Sektierer“ seien dem protestantischen Glauben zugeneigt, argumentieren Kirche und Staat.
Rund 150 Jahre später wissen wir nur mehr sehr wenig darüber, wie diese Menschen ihren Glauben tatsächlich lebten. Da die meisten von ihnen weder lesen noch schreiben konnten, gibt es keine Tagebücher oder Briefe. Es handelte sich wohl um eine sektenartige soziale Bewegung, die dezentral und gering organisiert war und auf Freiwilligkeit und mündliche Interaktion gründete.
Fest steht: 1829 sagen sich die ersten sechs Zillertaler von der katholischen Kirche los. Kirche und Staat wissen zunächst nicht, wie sie reagieren sollen. Abweichendes Verhalten sucht die antirevolutionäre Habsburgermonarchie des Vormärz jedoch konsequent zu unterdrücken. Und so geht die Obrigkeit erst einmal mit aller Härte gegen die „Sektierer“ vor: Sie dürfen nicht heiraten, kein Haus oder Grundstück erwerben, bekommen keine Pässe ausgestellt, haben kein Recht auf ein standesgemäßes Begräbnis.
Als internationale Medien von diesen Ereignissen berichten, machen sich protestantische Gelehrte in den 1830er Jahren ein Bild vor Ort. In der evangelischen Presse schreiben sie über die mutigen, bibelfesten Protestanten, die sich dem Katholizismus widersetzen.
Nach langen Debatten zwischen den Bistümern Brixen und Salzburg, und den staatlichen Autoritäten in Innsbruck und Wien, steht der Entschluss einer Aussiedlung 1837 fest. Die Zillertaler haben 14 Tage Zeit, sich öffentlich zum katholischen Glauben zu bekennen. 427 verweigern sich und wandern aus, womit sie von den protestantischen Medien endgültig zu Märtyrern stilisiert werden.
Das internationale Echo reicht bis nach Paris und London. Die Ausweisung gilt als Beweis für die repressive Rückständigkeit des katholischen Österreich. Umsonst bemüht sich Fürst Metternich um Schadensbegrenzung.
Irrwitzigerweise sind sich weder die betroffenen Zillertaler noch die Tiroler bewusst, dass sie zum Spielball der politisch- religiösen Konflikte Europas wurden. Ums Zillertal bricht ein regelrechter internationaler Medienkrieg aus. In Tirol weiß man kaum davon. Ausländische Zeitschriften sind verboten und Staat und Kirche schweigen zu den Ereignissen im Zillertal.
Als Folge verschiebt sich in Tirol das Verhältnis zwischen Kirche und Staat zugunsten der Kirche. Die Rede vom „Heiligen Land Tirol“ setzt damit ein.

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