Es bedarf des Mutes, sich ganz und gar der Kunst zu verschreiben. Ein Gespräch mit dem Bildhauer und Zeichner Peter Senoner, der ab dem Sommersemester im Studienzweig Kunst das Fach Zeichnen lehren wird.

Wo verorten Sie Ihre Kunst?
Peter Senoner: Es gibt zwei Stränge meiner Arbeit, jene der Skulptur und jene der Zeichnung. Meine Arbeit dreht sich darstellend um die menschliche Existenz, hat aber einen stark konzeptionellen Anspruch. Sie bewegt sich zwischen artefaktischer Skulptur, Inszenierung und filmischem Denken. Meine Protagonisten scheinen aus einer Parallelwelt, einem Mixed-Reality-Zustand zu kommen; sie sind Migranten zwischen den Welten und zwischen den Medien. Sie versinnbildlichen die Sehnsucht des Menschen, „...seine Grenzen zu durchbrechen, auch auf die Gefahr hin, mit den Tieren, den Pflanzen, den Mineralien zu verschmelzen...“, um es mit den Worten Michel Leiris’ zu sagen.

Wird Ihre Lehrtätigkeit in Bozen die erste ihrer Art sein?
Nein, ich lehre bereits seit über zehn Jahren das Fach freies Zeichnen am Institut für experimentelle Architektur in Innsbruck. Dazu kamen immer wieder Workshops, zu den interessantesten zählte jener an der Tokyo Zokei University. Mit März 2018 beginne ich meine Lehrtätigkeit im Studienzweig Kunst an der Fakultät für Design und Künste; darauf freue ich mich bereits sehr. Eine erste Zusammenarbeit erfolgte dieses Jahr im Mai, als ich mit meiner Klasse der Universität Innsbruck gemeinsam mit der Klasse von Paul Thuile drei Tage lang einen gemeinsamen Zeichenworkshop abgehalten habe. Unter dem Titel „draw or die“ haben 90 Studierende rund um die Uhr gezeichnet.

MONOMON, 2017

Welches ist Ihre Erwartungshaltung an die Arbeit in Bozen?
An der Universität in Innsbruck umfasst meine aktuelle Klasse 85 Studierende. Vor der Studienreform betrug die Klassengröße auch schon mal 210 Studierende. Hier wird es eine Gruppe von 20 Studierenden sein. Bereits allein dadurch ergeben sich eine Reihe neuer Möglichkeiten. Ich hoffe, die Studenten mit viel Engagement abholen zu können und ihnen die Zeichnung als Ideenvehikel eröffnen zu können. In seiner Einfachheit und Reduziertheit ist es ein wunderbares Medium; mit Bleistift und Papier und an jedem Ort der Welt lässt sich Wunderbares schaffen.

Wie sah ihr eigener Bildungsweg aus?
Ich habe an der Akademie der Bildenden Kunst in München Bildhauerei als Meisterschüler bei Timm Ulrichs, Anthony Gormley und Asta Gröting studiert. Zuvor hatte ich bereits in Wien und Mailand Erfahrungen gesammelt. Nach dem Diplom bin ich nach New York gezogen, um mich dort künstlerisch weiterzuentwickeln. Ich selbst bin in einer Bildhauerfamilie aufgewachsen, weswegen ich um die Konsequenzen meiner Entscheidung wusste. Dazu zählte für mich auch, Südtirol zu verlassen. Nach Arbeitsaufenthalten in Wien, Berlin und letztes Jahr in Detroit arbeite ich zur Zeit sehr gerne wieder hier.

Wie haben Sie Ihre Zeit in New York erlebt?
In New York ist jeder ein Künstler (lacht). Wenn man aus einem Bergbauerngebiet kommt, muss man aufbrechen und reisen. In der Stadt verhält sich dies anders, denn die Kultur drängt in die Stadt. Ich bin mit 26 Jahren nach New York gezogen, und die Stadt wartet klarerweise nicht auf einen jungen Künstler aus Gröden. All das, was ich bis zu diesem Zeitpunkt gelernt hatte, genügte nicht, um in dieser Stadt sichtbar zu werden. Es galt, die Kunst aus der eigenen Biographie heraus zu entwickeln.

Holz war sicher ein Ihnen vertrautes Material?
Holz war für mich jahrelang ein Tabu-Material. Erst in New York habe ich mit der Entwicklung einer für mich gültigen Holzskulptur begonnen - es brauchte diese Distanz, um Berührungsängste zu verlieren. Gearbeitet habe ich in einem Gemeinschaftsatelier, einem Industrieloft im damals noch ziemlich heruntergekommenen Williamsburg in Brooklyn. Um mir meine eigene künstlerische Arbeit finanzieren zu können arbeitete ich unter anderem in Tony Matellis Atelier, es hat sich eine anhaltende Freundschaft zwischen uns entwickelt. Daneben habe ich in einem Atelier für die Werbeindustrie gearbeitet; dort haben wir Blown-up-Produkte für Billboardfotografie hergestellt, das war 1997, in Großteils analogen Zeiten.

Seit der Zeit in den USA lebe und arbeite ich als freischaffender Künstler. Dieser radikale Entschluss ist prägend, denn ich verfüge über kein Sicherheitsnetz, ich arbeite gegebenenfalls 7 Tage in der Woche. Die Entscheidung für die Kunst hat Ausschließlichkeitscharakter. Dafür lebe ich gefühlt die absolute Freiheit!

Konnten Sie in New York auch selbst ausstellen?
New York bietet viele artist run project spaces, in denen Künstler für Künstler, Kritiker und Kuratoren, also ein reines Fachpublikum, ausstellen. Später kam eine erste kleine Galerieausstellung zustande. Dem folgten gute Rezensionen, ich wurde zu einer Ausstellung in die Kunsthalle Wien und im Museumsquartier eingeladen, und so führte ein Schritt zum anderen. Seit der Zeit in den USA lebe und arbeite ich als freischaffender Künstler. Dieser radikale Entschluss ist prägend, denn ich verfüge über kein Sicherheitsnetz, ich arbeite gegebenenfalls 7 Tage in der Woche, ich muss flexibel sein und bin viel unterwegs. Die Entscheidung für die Kunst hat Ausschließlichkeitscharakter. Dafür lebe ich gefühlt die absolute Freiheit!

Was erwartet die Studierenden in Bozen?
Ich möchte eine eigenständige und erzählerische Komponente in das Zeichnen einbringen, es soll sich nicht um eine technische Übung handeln, sondern um die Zeichnung als vielseitiges Ausdrucksmittel. Dazu zählt auch das sich Entfernen vom Küchentischzeichnen. Die Studierenden sollen wagen, in größeren Dimensionen zu denken. Zeichentrickfilme, große Formate, zusammenhängende Geschichten. Dafür braucht es ein „Wollen“ und Energie. Das ist genau das, was ich von meinen Studierenden erwarte, den Ausbruch aus dem Alltäglichen.

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