Die Weltbevölkerung wächst, landwirtschaftliche Flächen werden übernutzt, einfache Arbeiter ausgenutzt. Die sogenannte ökosoziale Transformation ist ein Ansatz, der versucht diesen Entwicklungen entgegenzuwirken und kreative Problemlösungen für das grenzenlosen Wachstum anzubieten. Susanne Elsen, Sozialwissenschaftlerin und Professorin an der unibz, stellt in ihrem Buch „Eco-social Transformation and Community-based Economy“ Best-Practice Modelle in Italien vor, die zeigen, dass es auch nachhaltige Möglichkeiten gibt.

unibz: Was hat Sie dazu bewegt, dieses Buch zu schreiben?
Susanne Elsen: Das Thema der ökosozialen Transformation hat sich immer mehr vom Rand in die Mitte bewegt und gesellschaftlich viel Schub bekommen. Meine Idee war es, die vielen Überlegungen und konkreten Ansätze zusammenzutragen, die bereits existieren.


unibz: Was genau ist ökosoziale Transformation?
Die bewusste Neukonfiguration von zentralen Bereichen des Lebens und Wirtschaftens mit dem Ziel, zu nachhaltigeren Lösungen zu kommen. Dabei stehen die Grundbedürfnisse der Menschen im Fokus und Problemlösungen, die die Grenzen des Wachstums erkennen. Es geht um eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage: Wie sieht eine verträgliche Entwicklung jenseits des Wachstums aus?


unibz: Ist Wachstum denn per se schlecht?
Wenn es unsere Lebensgrundlagen nicht nur übernutzt, sondern auch zerstört, ja. Wir bräuchten bereits heute eineinhalb Planeten, aber die haben wir nicht. Der Globus ist begrenzt, deswegen muss ein Umdenken stattfinden.


unibz: Möchten Sie mit Ihrem Buch  genau das zeigen?
Ja. Neben der Erklärung grundlegender Begriffe wie „Gemeinwesen“ möchte ich vor allem die Notwendigkeit der Transformation begründen. Ich richte mich damit unter anderem an Fachkräfte in sozialen Berufen und in der Bildung, aber auch an die Politik und an jeden Einzelnen in der Gesellschaft.

 

Der Globus ist begrenzt, deswegen muss ein Umdenken stattfinden.

Susanne Elsen, Sozialwissenschaftlerin an der Fakultät für Bildungswissenschaften der unibz.

unibz: In Ihrem Buch stellen Sie verschiedene Fallbeispiele in Italien vor. Welches ist Ihrer Meinung nach das Überzeugendste?
Ich habe vor allem beispielhafte Entwicklungen in ländlichen Räumen in den Blick genommen. Da gibt es sehr viele positive Beispiele, vor allem dort, wo nichts ist. In den abgelegensten Gegenden entstehen kreative Ideen. Zum Beispiel eine ökonomische Selbstorganisation von Geflüchteten im Süden Italiens, die sich mit lokalen Kleinproduzenten zusammengetan haben, um gegen die Ausbeutung zu kämpfen. Die Gruppe nennt sich „Funky Tomatoes“ und sie produzieren heute nicht nur nachhaltige Tomatenprodukte, sondern vermitteln ihre Botschaft mit Rapmusik auf Lebensmittelmärkten.


unibz: Gibt es noch ein Fallbeispiel, das Sie als besonders vorbildhaft sehen?
Die Initiative „Libera Terra“. Eine Dachorganisation kleiner lokaler Genossenschaften, die in strukturschwachen Gegenden Arbeitsplätze schafft, um dem Einfluss der Mafia entgegenzuwirken. Sie möchten mit einer Kultur der Legalität gegen das Verbrechen kämpfen.

Italien wird oft schlechtgeredet, dabei ist hier das Durchhaltevermögen sehr stark ausgeprägt.

unibz: Kann Italien also als Vorbild für eine ökosoziale Transformation gesehen werden?
Meiner Meinung nach schon. Italien wird oft schlechtgeredet, dabei ist hier das Durchhaltevermögen sehr stark ausgeprägt. Italien hat im Vergleich zu anderen Ländern ein buntes Spektrum an kreativen ökosozialen Ansätzen, die bottom-up, also von der Bevölkerung selbst entwickelt werden. Deswegen ist Italien ein Vorbild für die genossenschaftliche Organisation von Wirtschaft und Gesellschaft.


unibz: In welchen Bereichen gibt es in Italien trotzdem noch Verbesserungsbedarf?
In der Vereinfachung der Bürokratie. Es müsste Vorfahrtsregelungen für nachhaltige ökonomische Entwicklungen geben, das gilt für ganz Europa. Es fehlt nicht nur an Wertschätzung für spezifische lokal-regionale Lösungen, sondern auch an Förderungen für Transformation.

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