Das Ergebnis von sieben Jahren Laborversuchen öffnet den Weg für Arzneimittelforschung.

Der Name des synthetisch, d. h. im Labor hergestellten Moleküls ist MB-3. Es wird eingesetzt, um die Aktivität des Enzyms GCN5 zu hemmen und dadurch die Fettansammlung in den Herzzellen zu reduzieren, die die arrhythmogene Kardiomyopathie kennzeichnet – eine genetische Erkrankung, die in Italien zum Beispiel den Fußballer Piermario Morosini aus Livorno oder den Eishockeyspieler Darcy Robinson aus Asiago in jungen Jahren tötete. Ein Team von Biologinnen von Eurac Research machte die Entdeckung nach jahrelanger Forschung in Zusammenarbeit mit der medizinischen Universität Innsbruck, dem Centro Cardiologico Monzino und der Universität Mailand.

Die arrhythmogene Kardiomyopathie ist eine schwere genetische Herzerkrankung. Sie wird als seltene Krankheit eingestuft – in Italien trifft sie einen von 7.000 Menschen, in einigen Regionen wie Venetien einen von 2.000. Verglichen mit anderen seltenen Erkrankungen ist sie jedoch besser bekannt, denn leider kommt es manchmal zum plötzlichen Herztod, ohne dass vorher Symptome aufgetreten sind – so geschehen auch bei einigen jungen Sportlern.

Bei Betroffenen wird die Herzmuskulatur nach und nach durch Fett- und Bindegewebe ersetzt, was zu plötzlichen und lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen oder zu mehr oder weniger belastenden Formen der Herzschwäche führen kann.

„Bei Eurac Research haben wir 2015 begonnen, uns mit der arrhythmogenen Kardiomyopathie zu befassen, wobei wir uns auf frühere Forschungen unserer Mailänder Kollegen am Centro Cardiologico Monzino stützten", erklärt Alessandra Rossini, Biologin und Leiterin der Forschungsgruppe für Herz-Kreislauferkrankungen. „In einer langen Reihe von Laborversuchen haben wir immer genauer untersucht, was die Ursachen für schwere strukturelle Schäden am Herzen kranker Menschen sind. Nach mehreren Zwischenschritten haben wir erkannt, dass wir die Ablagerung von Fett in den Herzfibroblasten genannten Zellen verlangsamen können, indem wir das Molekül MB-3 einsetzen, um die Aktivität des Enzyms GCN5 zu hemmen. Weitere Studien müssen nun zeigen, ob dieses Molekül nicht nur bei einzelnen Zellen, sondern auch bei von der Krankheit betroffenen Menschen wirken kann.“ 

Das Team von Eurac Research untersucht die Kardiomyopathie mit verschiedenen Techniken, darunter induzierte pluripotente Stammzellen. Dabei werden Blutzellen von Betroffenen zuerst zu Stammzellen umprogrammiert – also zu Zellen, die sich in jede beliebige Zelle des Köpers verwandeln können – und anschließend zu Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten) ausdifferenziert. Es dauert allein sechs Monate, um aus den Blutzellen induzierte pluripotente Stammzellen zu gewinnen. Bis man daraus dann Herzmuskelzellen erhält, vergehen noch einmal 30 bis 60 Tage. Und dieser Prozess muss viele Male wiederholt werden, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. 

„Grundlagenforschung braucht viel Zeit, aber nur so schafft man die Voraussetzungen, damit die ebenso langwierige Arzneimittelforschung wirksame Therapien entwickeln kann", betont Peter Pramstaller, Leiter des Instituts für Biomedizin bei Eurac Research; „diese Studien sind auch deshalb möglich, weil wir seit langem mit dem lokalen Gesundheitssystem zusammenarbeiten und die betroffenen Familien sich der Forschung bereitwillig zur Verfügung stellen; in Zukunft wird uns dies auch in immer engeren Austausch mit der Industrie bringen, was von großer Bedeutung ist, denn sie kann aus unserer Forschung therapeutische Lösungen für die Kranken entwickeln.“

Der wissenschaftliche Artikel wurde in der Zeitschrift J Cell Mol Med publiziert: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9258704/

Die Studie wurde zum Teil durch das internationale Kooperationsprojekt (Joint Project) - SüdTyrol- FWF (Italien-Österreich), Nummer 23623, finanziert.

Related Articles

Tecno-prodotti. Creati nuovi sensori triboelettrici nel laboratorio di sensoristica al NOI Techpark

I wearable sono dispositivi ormai imprescindibili nel settore sanitario e sportivo: un mercato in crescita a livello globale che ha bisogno di fonti di energia alternative e sensori affidabili, economici e sostenibili. Il laboratorio Sensing Technologies Lab della Libera Università di Bolzano (unibz) al Parco Tecnologico NOI Techpark ha realizzato un prototipo di dispositivo indossabile autoalimentato che soddisfa tutti questi requisiti. Un progetto nato grazie alla collaborazione con il Center for Sensing Solutions di Eurac Research e l’Advanced Technology Institute dell’Università del Surrey.

unibz forscht an technologischen Lösungen zur Erhaltung des Permafrostes in den Dolomiten

Wie kann brüchig gewordener Boden in den Dolomiten gekühlt und damit gesichert werden? Am Samstag, den 9. September fand in Cortina d'Ampezzo an der Bergstation der Sesselbahn Pian Ra Valles Bus Tofana die Präsentation des Projekts „Rescue Permafrost " statt. Ein Projekt, das in Zusammenarbeit mit Fachleuten für nachhaltiges Design, darunter einem Forschungsteam für Umweltphysik der unibz, entwickelt wurde. Das gemeinsame Ziel: das gefährliche Auftauen des Permafrosts zu verhindern, ein Phänomen, das aufgrund des globalen Klimawandels immer öfter auftritt. Die Freie Universität Bozen hat nun im Rahmen des Forschungsprojekts eine erste dynamische Analyse der Auswirkungen einer technologischen Lösung zur Kühlung der Bodentemperatur durchgeführt.

Article
Gesunde Böden dank Partizipation der Bevölkerung: unibz koordiniert Citizen-Science-Projekt ECHO

Die Citizen-Science-Initiative „ECHO - Engaging Citizens in soil science: the road to Healthier Soils" zielt darauf ab, das Wissen und das Bewusstsein der EU-Bürger:innen für die Bodengesundheit über deren aktive Einbeziehung in das Projekt zu verbessern. Mit 16 Teilnehmern aus ganz Europa - 10 führenden Universitäten und Forschungszentren, 4 KMU und 2 Stiftungen - wird ECHO 16.500 Standorte in verschiedenen klimatischen und biogeografischen Regionen bewerten, um seine ehrgeizigen Ziele zu erreichen.

Article
Erstversorgung: Drohnen machen den Unterschied

Die Ergebnisse einer Studie von Eurac Research und der Bergrettung Südtirol liegen vor.