Was eine Win-win-Strategie ist, dürfte mittlerweile den meisten bekannt sein, was aber ist eine Win-win-win-win-Strategie? Eine Situation mit jeder Menge Gewinnern jedenfalls, wie man sie sich mit dem Projekt WoodUp vorgenommen hat. Der Ansatz: man analysiert die Biomasse-Vergasung und entwickelt aus dem daraus entstehenden Abfall neue Produkte.

Von ätherischem Öl bis zur Biokohle
Es ist der umfassende Ansatz des von Prof. Giustino Tonon geleiteten Projekts, der zuerst fasziniert. So widmet man sich natürlich der Energieerzeugung, kümmert sich um technische Fragen und solche der Effizienz, erhebt Daten, stellt Vergleiche an. Dabei bleibt es aber nicht, nimmt man doch auch die vor- und nachgelagerten Bereiche ins Visier. Die Experten im WoodUp-Forschungsteam gehen etwa der Frage nach, ob aus dem zur Verbrennung bestimmten Holz vorab andere Produkte gewonnen werden können. „Wir denken vor allem an ätherische Öle für die Lebensmittel-, die Pharma- oder Kosmetikindustrie“, erklärt Prof. Tonon. Dank neuer Verfahren könnten diese gewonnen werden, ohne den Rohstoff Holz für die spätere Verbrennung zu beeinträchtigen. Die Betreiber der Holzvergasungsanlagen hätten also keine Einbußen zu beklagen und ein wertvolles Produkt mehr im Sortiment.

Was den nachgelagerten Bereich betrifft, so nennt Tonon „Biochar“, also Biokohle, als Stichwort. Davon entstehen allein in Südtirol pro Jahr rund 2000 Tonnen als Abfallprodukt der Vergasung. „Derzeit muss die Biokohle teuer entsorgt werden, ist also ein Kostenfaktor“, so der WoodUp-Leiter, „wir wollen daraus eine Ressource machen“. Die Voraussetzungen dafür bestehen, denn seit fast zwei Jahren darf Biokohle zur Bodenverbesserung in der Landwirtschaft ausgebracht werden. „Die Kohle ist ein poröses Material, das Wasser und Nährstoffe speichert und diese langsam an den Boden abgibt“, so Tonon.

Gute Kohle, schlechte Kohle
Um Biokohle ausbringen zu dürfen, muss sie allerdings strengen Umweltkriterien genügen. Deshalb ist ein Forschungsstrang von WoodUp die chemisch-physikalische Untersuchung der in den einzelnen Anlagen anfallenden Biochar. „Sehen wir, dass die Biokohle den Standards nicht entspricht, arbeiten wir Vorschläge aus, mit denen die Parameter wieder in die Norm gebracht werden können“, so Tonon. Manchmal genüge dafür schon, die Leistung der Anlage minimal zu drosseln.

Parallel dazu laufen im Projekt WoodUp umfangreiche Feldversuche mit Biokohle in Obst- und Weinbau. Sie sollen zeigen, wie sich ihr Einsatz auf die Qualität von Obst und Wein, aber vor allem auf die Bodenfruchtbarkeit sowie auf den Wasser- und Düngemitteleinsatz auswirkt. Dies ist übrigens nicht die einzige „grüne“ Seite von WoodUp, wird im Projekt doch auch untersucht, ob der Einsatz von Biokohle Auswirkungen auf den Klimawandel hat, wie es sich also mit Treibhausgasen wie Kohlendioxid, Stickoxide oder Methan verhält.

Interdisziplinärer Ansatz und eine Menge Gewinner
Am Ende des drei Jahre dauernden Projektes WoodUp wird man also in etlichen Bereichen schlauer sein: in der Landwirtschaft, der Klima- und Umweltpolitik sowie der Erzeugung von Energie aus nachwachsenden Quellen. Betreibern von Holzvergasungsanlagen werden Daten und Anhaltspunkte geliefert, mit deren Hilfe sie ihre Anlagen verbessern können, es werden neue Produkte erforscht und mit jenem für Biokohle ein ganz neuer Markt in Südtirol erschlossen. „Anderswo gibt es diesen Markt schon, allerdings ist er derzeit noch ein sehr dynamischer, die Preise schwanken gewaltig“, so Tonon.
In jedem Fall aber kann ein Abfallprodukt in eine brauchbare Ressource verwandelt werden, ein Kostenfaktor in eine Einnahmemöglichkeit, dazu kommen potentielle neue Produkte im vorgelagerten Bereich, eine effizientere und noch nachhaltigere Energieerzeugung, die Gewinnung von Kohlenstoff und eine Steigerung der Bodenfruchtbarkeit. Win, win, win, win, also. Nicht schlecht für ein einziges Projekt…

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